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Dr. Zeplin
Controlling und Personal

Tipp 29: Motivatoren & Hygienefaktoren

Verfasser: Dr. Jürgen Zeplin, Berlin

Die Motivationsfaktoren nach Herzberg

Herzberg ging das Problem von der praktischen Seite an. Er stellte die Frage: Wie hängt die Zufriedenheit mit der Arbeit mit dem Vorhandensein bestimmter Faktoren in der Organisation zusammen? Im Gegensatz zu Maslow, der seine Theorien am Schreibtisch ersann, machte Herzberg eine empirische Untersuchung. Er erfragte in Unternehmen die Ursachen, die als Grund für große Unzufriedenheit genannt wurden und zugleich die Ursachen, die als Grund für Zufriedenheit bis große Zufriedenheit genannt wurden. Die Ergebnisse des Versuchs sind in der folgenden Abbildung gezeigt: Die Untersuchung in verschiedenen Betrieben ging wie folgt vonstatten: Die Mitarbeiter wurden gebeten, sich an eine Zeit zu erinnern, während der sie ihre Tätigkeit besonders positiv erlebten, und die Ursache für diese positive Einstellung zu nennen. Danach wurden sie gefragt, ob sie sich auch an Situationen erinnern könnten, während deren sie ihrer Tätigkeit besonders negativ empfanden? Die Ursachen sind in den Balken der Abbildung aufgeführt.



Wie aus dem Bild zu erkennen ist, ragen einige Balken überwiegend in den Raum großer Unzufriedenheit und andere in den Raum der Zufriedenheit. Herzberg folgerte daraus, daß es Faktoren gibt, die nicht zu Zufriedenheit bis zu großer Unzufriedenheit führen und solche, die zu Zufriedenheit bis zu großer Zufriedenheit führen

Die erste Kategorie nannte er Hygienefaktoren oder Umweltfaktoren. In Analogie machen hygienische Maßnahmen den Menschen nicht gesund, sie verhindern aber, daß er krank wird. So machen Hygienefaktoren den Menschen nicht zufrieden, sie verhindern aber, daß er unzufrieden wird, oder wenn sie nicht besetzt sind, wird er unzufrieden.

Die wichtigsten Hygienefaktoren sind in der folgenden Abbildung noch einmal hervorgehoben. Sie stellen quasi den "Rahmen" dar,

 

in der die Arbeit abläuft. Sie befinden sich in der Einflußsphäre der Geschäftsleitung, oder sind ein Ergebnis von Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung.

Der überwiegende Teil der Hygenefaktoren dient zur Befriedung der untersten drei Bedürfnissysteme nach Maslow, d. h. der physiologischen und sozialen Bedürfnisse.

Hier wäre zuerst die Unternehmenspolitik zu nennen, die zu großer Unzufriedenheit führen kann. Wenn zum Beispiel ein Vorstandsvorsitzender die Hälfte des Unternehmensvermögens durch seinen strategischen Sonderweg verspielt, sich aber dann mit Hilfe des Aufsichtsrates die eigenen Taschen vollstopft. Oder wenn der Vorstand allen Übernahmegerüchten mit Energie entgegentritt und sich dann im Zuge der dann doch stattfindenden Übernahme von den Verantwortlichen fürstlich entschädigen läßt. Auch kann sich Unzufriedenheit einstellen, wenn in einem Unternehmen nur Familienmitglieder des Gesellschafters oder deren willfährige Jasager "ans Ruder" kommen, andere nicht. Oder in einem öffentliche Unternehmen die Mitglieder einer bestimmten politischen Partei.

Ein weiterer Hygienefaktor ist der Grad der Überwachung der Mitarbeiter. Hier kann man von einem negativen Kontrollklima sprechen, wenn die Überwachung wichtiger ist, als die mögliche Abweichung, die als Schicksalsschlag empfunden wird und nicht als Impuls für Abwehrmaßnahmen.

Von großer Bedeutung als Hygienefaktor ist die Beziehung der Mitarbeiter oder Führungskräfte zu ihren Vorgesetzten. Negativ, wenn der Führungsstil autoritär, besser ausgedrückt direktiv ist, oder das Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit des Managements fehlt.

Weiterhin kann die Beziehung zu den Kollegen eine negative Ausprägung haben, wenn mehr Gegeneinander als Miteinander an der Tagungsordnung ist. Bei Fusionen kann es zu Lagerbildungen kommen und Abschottungen, die mehr die Kampfeslust stimulieren, als die Leistungsbereitschaft.

Die Arbeitsbedingungen sind auch ein wichtiger Hygienefaktor. Sie sollten in unsere Arbeitswelt durch diverse Überwachungseinrichtungen, Vorschriften und Verträge eigentlich optimal gelöst sein. Dennoch kommt es auch hier zu Verwerfungen. Aber auch der Fall, daß über machtpolitische Auseinandersetzungen Regelungen, wie weniger als 35 Stunden pro Woche Arbeitszeiten herausgehandelt worden sind, die zukünftig nicht mehr haltbar sind, kann bei den Betroffenen zu einem negativ besetzten Hygienefaktor werden, wenn die Regelung droht gekippt zu werden.

Die Beziehungen zu Untergebenen, besser die mögliche negative Ausprägung dieser Beziehung kann als Hygienefaktor zu einem demotivierenden Problem werden. Dieser Fall ist für eine Führungskraft im Mittelmanagement gegeben, wenn er es mit einer organisierten Bagage von "Krankfeiernden" zu tun hat, oder die Leistungsbereitschaft ein Fremdwort ist und an seine Stelle das Motto gestellt wird: So lange im Job überleben, bis das unvermeidliche Ende kommt!

Zuletzt der Hygienefaktor Sicherheit, gemeint ist die Arbeitsplatzsicherheit. Er wird in einem krisengeschüttelten Unternehmen als negativ besetzter Hygienefaktor erlebt. Üblicherweise täuschen die "Verantwortlichen" die "Betroffenen" durch ihre Informationspolitik darüber hinweg, wie es wirklich um das Unternehmen steht. Aber im Zuge der "staatsvertraglich verordneten Globalisierung" kann mancher Mitarbeiter in einem Zulieferunternehmen der Automobilindustrie ein Lied davon singen.

Die zweite Kategorie, die zu Zufriedenheit bis großer Zufriedenheit führen, nannte Herzberg Motivationsfaktoren oder Motivatoren. Sie beziehen sich alle auf die zu erfüllende Aufgabe. Diese Faktoren dienen der Befriedigung der beiden oberen Systeme des Maslow’schen Bedürfnissystems, nämlich der psychologischen Bedürfnisse. Sie obliegen alle der Einflußsphäre des unmittelbaren Vorgesetzten.

Am stärksten motiviert die Gelegenheit, etwas zu leisten, etwas zu erreichen und Erfolg zu haben. Dies bezieht sich nicht nur auf Aufgaben mit hohem intellektuellem oder geistigen Anspruch. Auch eine Leistung bei repeditiver Arbeit, wie zum Beispiel das hohe Leistungsniveau eines Kohlehauers kann einen hohen Anreiz bilden und zu hoher Zufriedenheit führen.

Weiterhin motiviert die Möglichkeit, Anerkennung für die eigene Arbeit zu bekommen. Dies gilt für erbrachte Leistungen genauso wie für ein anspruchsvolles Ergebnis. Sie muß durch den unmittelbaren Vorgesetzten erfolgen, oder kann auch vor allen anderen, z. B. in Form von Heraushebungen, Hitlisten o. ä. erfolgen.

Stark motivierend ist die Arbeit bzw. die Arbeitsaufgaben. Sie müssen interessant, herausfordernd und abwechslungsreich sein. Die Arbeit steht aber im Wechselspiel mit dem individuellen Anspruch des Betreffenden. So kann die Herausforderung an einen Rechtsanwalt besonders schwierige Verfahren zu gewinnen, stark motivierend sein. Aber auch für eine Mitarbeiterin am Band, die gar keine abwechslungsreichere Arbeit haben möchte, kann die vielleicht von anderen als stupide gesehene Arbeit für sie durchaus positiv motivierend erlebt werden.

Die Möglichkeit Verantwortung zu übernehmen, ist ein weiterer Motivator. Dies bezieht sich auf die ihm übertragene Aufgabe, aber auch auf das Ergebnis eines Teams, das er leitet.

Die Möglichkeit im Unternehmen aufzusteigen, befördert zu werden wirkt ebenso motivierend. Weil sich dies aber auf ein künftig zu erwartendes Ereignis bezieht, wird das Ausbleiben in der Regel mit sehr viel Unzufriedenheit erlebt.

Aber auch die Möglichkeit weitere Ausbildung, Entfaltung und Wachstum zu erleben wird als positive Motivation erlebt. Zu denken wäre da an Entwicklungsbereiche in Unternehmen, besonders anspruchsvolle Bauvorhaben oder Ingenieurleistungen. Aber auch Unternehmen, die sich mit innovativen, zukunftweisenden Techniken beschäftigen.

Wie finden Maslow und Herzberg zueinander?





Fassen wir zusammen:

Es gibt 6 Motivatoren, die die Mitarbeiter zufrieden bis sehr zufrieden machen, wenn sie gegeben sind, positiv besetzt sind. Das sind: 

  • Die  Möglichkeit Leistung zu erbringen
  • Anerkennung erhalten zu können die
  • Arbeit selbst
  • Verantwortung übernehmen zu können
  • Aufstieg oder Beförderung zu erleben und
  • Ausbildung, Entwicklung und Wachstum

erleben zu können. Wir schlagen als Gedankenstütze für das Erinnern das Kunstwort LAAVAA vor.


Diese Faktoren zu beeinflussen obliegt grundsätzlich, sozusagen im "Innerverhältnis," dem unmittelbaren Vorgesetzten. Wenn ihm darüber die Verfügungsgewalt fehlt, bekommt er Probleme, weil er sich nicht optimal auf die Bedürfnisse (Motive) seiner Mitarbeiter einstellen kann.

Die Hygienefaktoren sind mannigfaltig und sind die "Rahmenbedingungen" unter denen die Organisation arbeitet. Sie haben mit dem unmittelbaren Arbeitsverhältnis nichts zu tun und obliegen der Einflußkraft der oberen Führungsebene.

Betrachten wir eine Organisation als Gesamtheit, so läßt sich festhalten:

  • Sind die Hygienefaktoren positiv besetzt, dann herrscht keine Unzufriedenheit!
  • Sind die Hygienefaktoren nicht vorhanden, so herrscht Unzufriedenheit.
  • Sind Motivatoren nicht vorhanden, so herrscht keine Zufriedenheit.
  • Sind Motivatoren vorhanden, dann herrscht Zufriedenheit!

Die folgende Abbildung stellt diesen Zusammenhang noch einmal deutlich dar.






Was aber ist, wenn die Motivatoren in einem organisatorischen Bereich positiv besetzt sind und die Hygienefaktoren negativ? Dann herrscht am Arbeitsplatz oder der Abteilung Zufriedenheit, die aber auf "dünnem Eis" gebaut ist. Von Fall zu Fall werden die Folgen der Unzufriedenheit aufgrund der negativen Besetzung der Hygienefaktoren immer wieder hochkommen und zu Auseinandersetzungen führen. Ja, die durch ihre Arbeit positiv motivierte Mitarbeiter könnten des Gerangels leid werden und das Unternehmen verlassen.

Welche Schlußfolgerungen lassen sich aus den Ergebnissen von Herzberg für das Management ableiten?

  • Den positiven Einstellungen der Mitarbeiter zu ihrer Aufgabe und zur Organisation, dem Unternehmen liegen grundsätzlich andere Faktoren zugrunde als den negativen. Dies verläßlich zu ergründen, wäre im ersten Schritt ein lohnendes Ziel.

  • Wenn nun seitens des Management, quasi in Form eines "Hygienemanagements", darauf hingearbeitet wird, daß die Hygienefaktoren überwiegend positiv besetzt sind, führt das eben nicht zu Zufriedenheit der Mitarbeiter, aber wirkliche Unzufriedenheit wird verhindert. Um das Wortspiel nicht auf die Spitze zu treiben: Mit der positiv empfundenen Besetzung der Hygienefaktoren wird ein Zustand erreicht, der kippen kann, ins positive, wie ins negative. Macht sie keine Anstrengungen, die Hygienefaktoren positiv zu besetzen, führt das zwangsläufig zu großer Unzufriedenheit mit allen daraus folgenden Konsequenzen, wie Leistungsabfall, Fluktuation etc. Konzentriert sich das Management dagegen auf die positive Besetzung der Hygienefaktoren, wird das als selbstverständlich empfunden. Das Fazit daraus ist: Die oberste Leitung kann keine positive Motivation erzeugen, sie kann nur die Umwelt (Hygienefaktoren) dafür schaffen, daß positive Motivation stattfinden kann. Wieder einmal wird deutlich, daß wir Menschen sind und unsere Motivation von anderen Menschen abhängt.

  • Wirkliche Zufriedenheit und daraus folgend auch ein hohes Engagement läßt sich aber nur erzeugen, wenn die Motivatoren positiv entwickelt werden. Damit wird aber eine "Dezentralisation" der Motivationserhöhung in die nachgeordneten Managementebenen zu einem Grundelement der Gesamtmotivation. Die oberste Heeresleitung kann positive Motivation "befehlen" aber nicht "erzeugen!" Das ist zugleich das Elend in Frage Motivation. Mit anderen Worten, wenn positive Motivation nur durch Motivatoren im direkten Verhältnis von Mitarbeiter zu Vorgesetzten (face-to-face) zu entwickeln ist, müssen die Vorgesetzten in der Lage sein, oder gebracht werden, dieser Motivationsaufgabe erfolgsversprechend nachzukommen. Können sie das im Einzelfall wirklich?

  • Mit der Verdeutlichung was Hygienefaktoren und Motivatoren sind, wie sie wirken und was sie bewirken, wenn sie nicht positiv besetzt sind, wurden die Grundlagen zum Verständnis des Themas "betriebliche Motivation" geschaffen. Spannend ist nun, über welche "Motiviertechnik" ein Manager tatsächlich verfügt, und ob seine Motiviertechnik auch tatsächlich bei den Mitarbeitern ankommt.


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