Das Johari–Fenster in Aktion: Feedback und Offenheit

Verfasser: Dr. Jürgen Zeplin, Berlin

Nichts ist so praktisch, wie ein gutes Beispiel. Wir wollen uns das Modell des Johari-Fensters und seine Wirkungsweise anhand eines Verkaufsgespräches unseres Ingenieurs Robert einmal näher anschauen. Wir erinnern uns, Robert ist ein leitender Ingenieur in einem Industrieanlagenplanungs- und baubüros. Er hat natürlich auch die Aufgabe Subunternehmerleistungen einzukaufen. Wir belauschen einfach einmal das Gespräch zwischen Robert und dem Leiter eines Statikbüros, der gerne mit Roberts Unternehmen ins Geschäft kommen möchte.


 

Zum Beginn des Gespräches kennt Robert nur den Namen seines Gegenübers und daß er Statiker ist, die ARENA ist noch sehr klein. Man weiß nicht viel voneinander. Wie läßt sich das ändern? Durch Fragen oder Auskunft geben! In der Terminologie des Johari-Fensters sind das die Begriffe Feedback und Offenheit. Wenn der Begriff Feedback den Anschein erweckt, daß das ein bloßes Rückmelden irgendwelcher Empfindungen ist, ist das zu kurz gesprungen. Unter Feedback soll umfassend das „Einholen“ von Informationen verstanden werden, die eine Reduzierung des eigenen blinden Flecks durch Fragen zum Ziel hat. Die eigene Offenheit ist oft eine

Gespräch beginnt:

 

Voraussetzung für das Feedbackverhalten, hier Kommunikationsneigung des anderen. Wenn ich nicht offen bin und Fragen beantworte, empfindet der andere das als Fassade und wird wohlmöglich seinerseits auch mehr Fassade aufbauen.

Aber schauen wir uns das einfach praktisch an, wo wir als Mann im Ohr von Robert die ganze Sache miterleben können. Robert läßt sich nun von seinem Gast die Arbeitsweise und Vorzüge des Statikbüros berichten. Er selbst sagt etwas über das eigene Unternehmen. Das bedeutet, jeder zeigt eine gewisse Art von Offenheit und läßt sie in dem Feedbackprozeß wirken. Die ARENA wird etwas größer. Aus der Stroke-Ökonomie wissen wir oder werden es kennenlernen, daß das ein Prozeß des Gebens und Nehmens ist, mit einem individuell unterstellten Streichelgleichgewicht ist. Bei hoher Offenheit ein reges Geben und Nehmen. Bei geringer Neigung zur Offenheit ein Pokerprozeß.

Robert schaut sich nun im Laufe des Gespräches sein Gegenüber an. Er denkt sich: Hat der eine Perücke? Ich glaub mich tritt ein Pferd. Warum denn das? Das sind Gedanken, die dem anderen natürlich fremd sind. Sie begründen seinen blinden Fleck. Und wenn der Statiker den Gedanken hegt, was setze ich mich denn mit dem zusammen, der hat doch sicher gar keine Kompetenzen, geht das in dieselbe Richtung. Was er denkt, weiß der andere nicht. Nachdem die beiden ein wenig Feedback und Offenheit gezeigt haben, das bedeutet in der Umgangssprache: Sie waren ehrlich und haben die

Fragen jeweils des anderen wahrheitsgemäß beantwortet, hat sich eine kleine Arena als gemeinsame Errungenschaft der Beziehung gebildet.

Erstes Feedback und Offenheit kommen zum Einsatz:

 

Wie geht es nun weiter? Robert möchte viel über das Unternehmen, seine Leistungsfähigkeit, Stärken und Schwächen erfahren und bemüht seiner intensiv Feedback, ohne daß der Statiker seinerseits Aktivitäten entwickelt. Kann er vielleicht auch gar nicht, weil er sich verkaufen will und in dieser Phase angepaßt auf die Wünsche des potentiellen Auftraggebers eingehen möchte. Mit dem Einholen von vielen Informationen über den anderen und das Problem, erhöht Robert aber zugleich seine eigene Fassade. Wenn sich der Statiker ausgequetscht fühlt und nicht weiß, wer ihm gegenüber saß, ist der Tatbestand erfüllt.

Nun ist das Gespräch von Robert mit seinem Statiker noch nicht zu Ende. Nachdem er beim Statiker einen gewissen Zug von Offenheit, er sagt dazu Fairneß gesehen hat, fängt er an über das eigene Unternehmen, die Probleme die es abzuschalten gibt zu sprechen. In einem Pokerspiel hätte er nun den Wert seines Blattes verraten.

Viel Feedback ohne eigene Offenheit erhöht die Fassade:

 

Zeigt er jetzt viel Offenheit, ja vielleicht zu viel Offenheit, kann das natürlich zu einer Schwäche von ihm werden. Denn mit zu viel eigener Offenheit und zu wenig „Zug um Zug“ - Feedback gegenüber dem anderen, hat sich der eigene blinde Fleck nachhaltig erhöht. Was heißt das? Durch mein Geplapper kann ich beim anderen etwas ausgelöst haben, das zu meinem Nachteil oder zum Nachteil des Unternehmens wirksam wird. Die Arena ist größer geworden, aber der blinde Fleck sehr viel stärker.

Viel Offenheit, wenig Feedback erhöht den Blinden Fleck:

Nunmehr wäre für Robert, wenn er schon so, sagen wir einmal vertrauensselig vorgeprescht war, das Gebot zwingend, sich wieder Feedback einzuholen: Wie haben Sie das verstanden? Was könnten Sie tun? Was wäre für und eine Lösung? Etc.

Stellt sich die Frage: Ist aktive, proaktive Offenheit als nicht entlohnte Vorleistung angesichts einer verhärteten Pokersituation eine sinnvolle, zielführende Intervention? Die Antwort lautet eindeutig ja, wenn gewährleistet ist, daß diese Offenheit nicht möglicherweise Nachteile und Schäden mit sich bringt, die in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen der ganzen Sache stehen.

Wie beim Hebelgesetz oder dem Gleichgewichtsgesetz der Streicheleinheiten muß Offenheit und Feedback in einem koordinierten Steuerungsprozeß eingesetzt werden.

Ja hier wird am Prozeß unseres Vaters Robert mit seinem Gast, dem Statiker deutlich, was „Controlling der Psycho-Logik“ bedeutet: Ich muß durch einen ausgewogenen Einsatz von Feedback und Offenheit den Prozeß zur Vergrößerung der ARENA so gestalten, daß das Gleichgewichtsgesetz der Streicheleinheit nicht verletzt wird und ich letztendlich durch eine Gestaltung im psychologischen Prozeß das Primat des Handelns habe.

Ausgewogenes Feedback und Offenheit erhöhen die Arena: