Was tun, wenn einer nicht zuhören kann?

Verfasser: Dr. Jürgen Zeplin, Berlin

Frage: Ich habe die Vermutung, daß bei Besprechungen über Probleme in unserer Arbeitswelt ein bestimmter Kollege mir nicht wirklich zuhört. Ich bin dann immer sehr verunsichert. Natürlich frage ich mich, ob es vielleicht auch an mir liegt. Ob ich etwas falsch mache und was ich tun kann, mich vielleicht verständlicher zu machen. Bilde ich mir das nur ein oder gibt es so etwas wirklich? Was kann ich tun, um in dieser Sache etwas sicherer zu werden?

Antwort: Wenn jemand bei einem beliebigen Arbeitsthema intensiv zuhört, ist er oder sie wie ich auch im Erwachsenen-Ich. Dann ist gewöhnlich intensiver Augenkontakt gegeben und der andere läßt durch körpersprachliche Reaktionen auch schon oft erkennen, was er von dem hält, was ich sage. In der TA sagt man, dann ist eine Paralleltransaktion gegeben, unsere gemeinsame "Wellenlänge" stimmt, das Gespräch kann nun fruchtbar und effektiv werden.

Zwischenfrage: Heißt das vielleicht, wenn ich gefühlsmäßig sicher bin, er hört mir zu, ist dieser Sachverhalt dann auch wirklich gegeben?

Antwort: Nein, so einfach ist das nicht. Ein Mensch kann durchaus der Meinung sein: Das was er selbst sagt ist so wichtig, die anderen müssen geradezu scharf darauf sein, ihm zuzuhören. Von dieser inneren Mission sind professionelle Redner oder auch Politiker befallen, denen Redenschreiber das "Material" liefern, das sie nur abspulen müssen. Dann reden sie etwas daher und es ist ihnen egal, ob jemand wirklich zuhört oder nicht. Das ist dann aber auch eine sehr einseitige Kommunikation. Aus Ihrer Frage aber geht für mich hervor, daß es Ihnen wichtig ist, daß Ihr Kollege Ihnen wirklich zuhört. Gewöhnlich sollten in der Arbeitswelt die an einem  Kommunikationsprozeß beteiligten Mitarbeiter daran interessiert sein, daß man ihnen zuhört. Aber zugegeben, das ist nicht immer der Fall. Gern wird das "Nicht Zuhören" und das nicht "wirklich auf den anderen eingehen" auch als Kampfmittel genutzt. In der TA nennt man das eine Überkreuzung. Um aus dieser Situation herauszukommen, empfehle ich Ihnen:

  1. Prüfen Sie bitte, ob es Ihnen wirklich wichtig ist, ob der Kollege Ihnen zuhört und warum ist das für Sie so wichtig?
  2. Machen Sie sich dann bitte ein Bild darüber, was glaube ich „hält“ mein Kollege wirklich von mir, welche Grundposition nimmt er mir gegenüber ein?


Zwischenfrage: Gut, es ist für mich wichtig, daß mein Kollege mir wirklich zuhört. Schließlich müssen wir gemeinsam eine Aufgabe lösen. Warum ist es aber so bedeutungsvoll, ob es für mich wichtig ist?

Antwort: Weil Ihr Kollege es durchaus für nicht so wichtig halten könnte, Ihnen wirklich zuzuhören. Er könnte doch der Meinung sein, daß er das Problem allein oder ohne Sie lösen kann oder will. Dann sollten Sie ihm sagen, daß es zur Lösung Ihrer gemeinsamen Aufgabe von großer Bedeutung wäre, daß sie gemeinsam ihre Gedanken austauschen.

Zwischenfrage: Gut, das habe ich verstanden. Woran erkennt man aber, wenn jemand zuhört oder nicht?

Antwort: Da gibt es viele Indizien:

 

Zwischenfrage: Wenn das der Fall ist, was mache ich dann?

Antwort: Fragen Sie doch einfach nach, ob er das verstanden hat, was Sie ihm sagen wollten.

Zwischenfrage: Ist das nicht etwas vermessen?

Antwort: Nein, durchaus nicht. Das ist völlig legitim. Sie können ihm ja auch noch Feedback geben, indem Sie ihm sagen, was Sie verstanden haben, was er zu diesem Problem gesagt hat.

Zwischenfrage: Warum denn das?

Antwort: Na, dadurch werten Sie ihn ein wenig auf und zeigen ihm, daß es für Sie wichtig ist, was er zur Lösung des Problems zu sagen hat. Sie gestalten damit das Gespräch ruhiger und vielleicht auch ein wenig effektiver.

Zwischenfrage: Nun zu Ihrer Frage, was der Kollege wohl meines Erachtens von mir "hält"? Ich glaube er hält nicht viel von mir. Aber warum ist diese Frage so wichtig?

Antwort: Dies ist oft die Ursache, warum ein Gespräch nicht gut läuft. Das will ich kurz erklären: Wir kommunizieren immer auf zwei Ebenen, der sachlichen und der "emotionalen" Ebene. Wenn auf der emotionalen Ebene Gleichklang besteht, also „die Wellenlänge stimmt“, man sich z. B. persönlich schätzt, funktioniert die sachliche Ebene automatisch auch im Gleichklang. Wenn hingegen auf der emotionellen Ebene kein Gleichklang gegeben ist, der andere Sie nicht schätzt, Ihnen nichts zutraut oder Sie ganz einfach nicht mag, ist eine Überkreuzung gegeben. Dann wird diese Dissonanz auch auf der sachlichen Ebene ausgetragen und es kommt auch zu Überkreuzungen. Eine wichtige Überkreuzung ist zum Beispiel, dem anderen nicht zuzuhören.

Zwischenfrage: Das leuchtet mir ein. Nun habe ich aber gar nichts gegen den Kollegen, im Gegenteil, ich möchte sehr gern mit ihm einen guten Kontakt haben, weil mir die Zusammenarbeit mit ihm sehr wichtig ist. Was kann ich tun?

Antwort: Das ist Ihr Wunsch. Aber unterstellt, er schätzt Sie tatsächlich nicht sehr und dies ist die Ursache seines Verhaltens, so können Sie seine Meinung von Ihnen nicht so einfach mit einem Fingerschnipsen verändern.

Zwischenfrage: Wie kann ich denn daran etwas ändern?

Antwort: Sie müssen es ihm sagen, daß es für Sie wichtig ist, mit ihm eine positive Beziehung zu haben.

Zwischenfrage: Und wenn er das gar nicht will?

Antwort: Dann können Sie gar nichts machen. Aber erst einmal sollten Sie ihn fragen, erst dann wüßten Sie, ob er will oder nicht. Für gewöhnlich reagiert jemand auf ein derartiges Ansinnen eines Kollegen aber nach meiner Erfahrung positiv.

Zwischenfrage: Gibt es Leute, die vollkommen verbohrt sind und ein derartiges Ansinnen von mir ablehnen oder vielleicht als Schwäche von mir auslegen?

Antwort: Nun eine persönliche Schwäche von Ihnen wäre es sicher nicht, wenn Sie ein derart vernünftiges Ansinnen hätten. Aber ich möchte durchaus nicht ausschließen, daß Ihr Ansinnen nicht zum Erfolg führt. Nicht weil der andere nicht will, sondern weil er "nicht kann."

Zwischenfrage: Was bedeutet das?

Antwort: Es gibt Menschen, die sind in Ihrer Haltung gefangen, immer anderen Menschen gegenüber Überlegenheit zur Schau zu stellen, und können gar nicht anders. In der TA bezeichnet man das als Rolle und deren Verhalten als Masche. Das ist aber keine wirkliche Stärke, sondern gespielte Stärke. Diese Menschen können dann nicht aus ihrer Haut und würden auf Ihr Ansinnen nicht eingehen, nein besser, sie können auf Ihr Ansinnen nicht eingehen, weil sie in ihren Augen ihre überlegene Rolle verlieren würden. Die Rolle wird in der TA allgemein mit "Boss spielen" oder "überlegen" spielen umschrieben.

Zwischenfrage: Heißt das, bei einer solchen Person blitze ich mit meinem Ansinnen ab?

Antwort: Ja, das ist leider so.

 

 


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